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  • AutorenbildKlaus W. Busch

Was ist pferdegestütztes Coaching 3/3

Beispiele aus den Seminaren


Eine Übung – drei unterschiedliche Wirkungen


Für einen erfahrenen Pferdekenner sieht eine der typische Übung banal aus. Der Teilnehmer erhält die Aufgabe, ein Pferd am Strick und Halfter durch einen vorbereiteten Parcours zu führen. In diesem Fallbeispiel hatte ich mit den Teilnehmern verabredet, das Pferd über eine ausgebreitete Plane zu führen. Was alle bereits von dem Pferd gelernt hatten war, dass es ungern bis gar nicht über eine ausgelegte Plane geht.


In den Seminaren werden keine Reit- und Pferdekenntnisse vermittelt. Vielmehr verdeutlichen Übungen wie diese, die individuellen Verhaltensmuster, Blockaden oder unbewussten Gefühle des Klienten. Sein Ziel ist es, sich über die daraus entstehende Selbsterkenntnis bewusst zu sein. Die Impulse, die bei dieser Übung vom Pferd ausgehen, helfen dem Teilnehmer, sich über die Wirkung seiner emotionale Ebene klar zu werden.




Beispielfall I

Thema: Selbstvertrauen und Selbstwert

Die Klientin, eine 35jährige Verwaltungsangestellte, legte voll von Motivation zusätzlich zu der Plane noch eine Stange vor das einzige Hindernis ins Rund der Reitbahn. Eine kniffelige Aufgabe für das Pferd. Gehirnmikado. Während der ersten Runde zeigte sie dem Tier, was da auf dem Boden lag. Nahezu perfekt beendete sie diesen Durchgang. Bei der zweiten Runde versuchte sie, gemeinsam mit dem Pferd das Hindernis zu überqueren. Für mich war es keine Überraschung, dass das Pferd kurz zögerte (siehe oben), bevor es letztendlich doch der Klientin folgte.


Für eine Nicht-Pferde-Kennerin hatte sie eine beachtliche Aktion absolviert. Trotzdem stufte sie ihre Energie eher als schlecht ein und war sehr unzufrieden mit sich selbst. Nach Zustimmung der Klientin dokumentierte ich die Übung per Video-Sequenzen. Die Folgende Analyse des Videos zeigte deutlich den Unterschied zwischen Selbst- und Außenwahrnehmung.


Erst nach der Analyse erkannte sie, mit welchem Elan sie die gesamte Aufgabe löste und bemerkte jetzt ihre verzerrte Einschätzung zu sich selbst. Das Zögern des Pferdes empfand sie für sich nun weniger als „ihr Versagen“ als mehr einen positiven Impuls zum Selbstwert. Diese Erkenntnis war für die Teilnehmerin ein wichtiger Schlüssel.


Beispielfall II

Thema: Arbeiten im Team

Der gleiche Parcoursaufbau wie im Beispiel I. In dem Seminar „Teamarbeit“ wollten die Gruppe mehr über den Wert ihrer Zusammenarbeit erfahren. Auch hierbei bestand die Aufgabe darin, das Pferd über die Plane zu bewegen. Der einzige Unterschied war, die Aufgabe gemeinsam zu lösen. Konzeptlos versuchte jeder der Personen das zu tun, was sie für richtig hielt. Zum Glück hatte die Gruppe viel Humor und sah es gelassen. Bevor ein Chaos entstand, brach ich den ersten Versuch ab.



Nach der Videoanalyse erkannten die Mitglieder ihre Systemlosigkeit. Nun erst berieten sie, wem welche Aufgabe zukommt. Sie diskutierten, wer sich an welcher Seite des Pferdes positioniert, wer die Koordination der Gruppe übernimmt. Durch das gegenseitige Beobachten und die wechselseitige Akzeptanz der Kompetenz lösten sie den Gordischen Knoten auf Augenhöhe.


Eine Variante war, so wie im Beispiel I, die Aufgabe als Einzelperson zu lösen. Doch jeder reagiert anders. Diesen Unterschied beobachtete das restliche Team von der Bande aus. Das gegenseitige Verständnis innerhalb der Gruppe fand mehr Beachtung. Ein starker Teamgeist entwickelte sich.



Beispiel III

Thema: Management und Führung

Für Menschen mit Führungsaufgaben ist die Übung von eklatantem Vorteil. Wie im ersten Fall kann sich der Teilnehmer über seine Stärken und Schwächen bewusst werden. Seine Körpersprache lässt Rückschlüsse auf seinen Führungsstil zu.



Die Position zum Pferd, die Körperhaltung und Bewegungen registriert der Co-Trainer Pferd und agiert deutlich. Kopfschlagen, Reaktionen mit dem Schweif oder das Ohrenspiel sind verlässliche Indikatoren über den IST-Zustand des Klienten. Kleinste Veränderungen der Mimik und der Gestik nimmt das Pferd wahr. Wie hält der Proband den Führstrick: kurz und straff, lang und locker. Synchronisieren sich die Schritte des Pferdes mit dem Klienten. Geht er voraus und vertraut darauf, dass das Tier schon mitkommt.



Oder vermittelt der Teilnehmer eine Vertrauensbasis und gibt eine klare Richtung des Führstils an. Welchen Stresslevel, welche Muster zeigt der Klient, wenn das Pferd nur zögerlich folgt? Folgt es ihm überhaupt.



Variante: Der Teilnehmer erhält die Aufgabe, mit einer Hand am Pferdekörper und mit verbundenen Augen dem Tier zu folgen. Dabei wird das Tier von einer zweiten Person am Strick geführt. Was ändert sich im Bewusstsein? Wie fühlt es sich an, blind geführt zu werden? Wie fühlt sich in dem Fall Vertrauen an?


Anhand dieser (und vieler anderer) Indikatoren zeigt sich, wie die Führungskraft mit Konflikten umgeht. Auch hier zeigt die Video-Analyse die Situation von Außen. Beim gemeinsamen Feedback verdeutlichen theoretische Grundlagen und Fallbeispiele weitere Lösungen, die sich unmittelbar in den Berufsalltag transferieren lassen.

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